Donnerstag, 2.2.2017

Heute nun war der entscheidende Tag. Ich hatte gut geschlafen und war zeitig wach, so dass ich in Gedanken noch mehrfach alle Optionen durchspielte. Ich kam immer wieder zum selben Ergebnis und hatte ein gutes Gefühl dabei.

Ich war erstaunt, wie wenig aufgeregt ich war, vermutlich hatte ich alle Kämpfe schon in mir ausgefochten.

Also ging ich noch im Foyer spazieren, duschte zwei mal lange und schließlich lenkte ich mich, im strahlenden Sonnenschein sitzend, mit online shoppen ab, hihi. Dabei konnte ich gleichzeitig meine Pendelübung durchführen.

Ich habe mir zwei Ponchos bestellt, weil ich derzeit nicht so gut in Jacken komme. Und bei Jack Wolfskin habe ich mir rutschfeste Schuhe angesehen.

Gegen dreiviertel elf wurde ich abgeholt, ich war mit mir im Reinen. Es konnte also losgehen.

Der Op-Trakt war riesig, 10 Säle und eine ITS, wie mir die Schwester sagte. Jetzt war mir auch klar, warum immer wieder großer Wert darauf gelegt wurde, dass ich ein aufgemaltes Kreuz auf dem betreffenden Arm trage.

Es mag in Anbetracht der Umgebung vielleicht komisch anmuten, aber ich habe mich dort sehr gut umsorgt und behandelt gefühlt, alle waren sehr persönlich und nett, insgesamt war es unerwartet angenehm.

So lag ich also erstmal im Vorbereitungsraum und staunte nicht schlecht über den offensichtlichen Jubel, Trubel, Heiterkeit aus dem Op. Aber warum auch nicht?

Dann muss wohl ein Notfall gekommen sein, denn plötzlich sollte jemand rückwärts zählen und ich wurde vertröstet. Die meiste Zeit davon verschlief ich, die LMAA - Pille wirkte.

Irgendwann war es dann soweit. Die Anästhesistin sagte, ich solle mir einen schönen Traum ausdenken und ihn ihr anschließend erzählen. Mein Mann hatte mir in den letzten Tagen immer wieder von Songkhla, einem unserer Ziele im nächsten Thailandurlaub, erzählt. Also beamte ich mich an den Strand von Songkhla und schlief mit dem Blick auf den Golf von Thailand ein. Hihi.

Als ich wieder aufwachte, fühlte ich mich wie tot, völlig zermatscht. Ich erfahre auf meine Frage hin, dass alles wie geplant durchgeführt worden sei. Und ich bin so froh, dass ich weiterhin überall Gefühl in der Hand habe. Danach wurde ich hier mehrmals täglich gefragt. Nur meine Oberlippe ist reichlich geschwollen, da habe es wohl Probleme mit der Maske gegeben. Naja, das vergeht...

Mein Mann hatte bereits seit um zwei auf mich gewartet und jetzt war es fast um fünf. Er war dementsprechend etwas in Sorge und hatte gedrängt, mich zu sehen. Daher wurde ich recht schnell aus dem Aufwachraum abgeholt.

Im Zimmer setzte ich meinen Halbschlaf fort, wechselte aber schon ein paar Worte mit der Familie.

Ich hatte großen Durst und war froh, als ich hemmungslos trinken durfte.

Etwas später ging ich begleitet zur Toilette und war erfreut, wie stabil mein Kreislauf schon wieder war.

Irgendwann kam dann der Hunger, die letzte Mahlzeit lag 29 h zurück. Ich ließ mir von meinem Mann diverse Nahrungsmittel reichen und roch daran. Der Palmensaft war das Beste. War der guuuuuuut, wie Zuckersirup. Davon trank ich zwei Drittel der Flasche. Ich saß im Bett und war glücklich wie ein kleines Kind.

So und nun noch was Festes. Meine Wahl fiel auf den getrockneten Durian. Fast zu schön, um wahr zu sein. Hihi. Little Thailand im Krankenhaus. Nach anderthalb Päckchen, also etwa 150 g, tropfte die Nase und ich hörte auf. Zwischenzeitlich waren zwei Schwestern im Zimmer gewesen, aber es schien für sie nicht gestunken zu haben. Hihi. Und ich habe so genussvoll gegessen, hmmmmmm.

Mein Mann hatte mir aus dem Bioladen frischen Koriander und Dill mitgebracht. Vom Koriander gab es ein halbes Bund.

Anschließend ging ich duschen. Mit Hilfe meines Mannes befreite ich mich auch von dem Desinfektionsmittel auf der Haut. Erfreut stellte ich fest, dass der Schnitt nun bedeutend kleiner war, als vorhergesagt wurde. Und die Drainage befindet sich im Bereich der Träger, sehr gut.

Ich fühlte mich gut und war durch eine starke Tablette schmerzfrei. Heute gönnte ich mir das mal, es wird ja nicht jeden Tag an meinen Knochen geschraubt.

Den Rest des Abends verbrachte ich mit dem Lesen der lieben Nachrichten an mich. Jede einzelne hat mir viel bedeutet und mich sehr glücklich gemacht. Tausend mal danke an alle, die an mich gedacht haben.

Es war auch ein Segen, dass mein Mann mich so bemuttert hat. Soviel Zuwendung kann einem keine Schwester geben. In Thailand ist es wohl sowieso üblich, dass man im Krankenhaus von der Familie betreut und versorgt wird.

Freitag, 3.2.2017

Die Nacht war durch häufige Toilettengänge von mir und meiner Bettnachbarin unruhig, aber weitgehend schmerzfrei. Und Durian am Abend war wohl auch nicht gerade schlaffördernd.

Ich visualisiere meine Heilung und schicke dem Oberarmkopf liebevolle Signale. Heile, heile, Segen...

Morgens habe ich die Schmerztablette mit dem restlichen Palmensaft runtergespült. So auf nüchternen Magen ist mir das nichts und diese Tablette für die Magenschleimhaut erst recht nicht. War es Zufall, dass ich wenige Tage vor dem Unfall einen Artikel über den Unfug mit diesen Verordnungen las? Leider hatte mein Mann neues Aloeblatt vergessen.

Aber das ist verzeihlich, er hat gerade mehr als genug um die Ohren. Besonders gefreut hat mich seine Idee, wenn ich schon vielleicht keine Handstände mehr machen könne, dann eben Kopfstand!!! Na klar!!! Wäre doch jammerschade, wenn die Welt nie wieder Kopf stehen könnte. Hihi.

Aber das ist eigentlich völlig nebensächlich. Gerade wenn ich die vielen Rollstuhlfahrer sehe oder an die Schwerstbrandverletzten denke, die hier auch behandelt werden. Wir sollten wirklich jeden Moment genießen.

Bei der Visite erfahre ich, dass es bei der technischen Umsetzung mit der auch hier nicht so oft verwendeten Carbonplatte keine Probleme gegeben habe. Momentan bemerke ich keine Auswirkungen des Titans. Die Zahnmetalle hatten sich entschieden anders angefühlt. Was sehr angenehm ist: Der Bruch ist stabilisiert. Vorher war er verschoben und wenn ich mich ungünstig bewegt habe und die Knochen sich irgendwie verkanteten, ging ich gerade an den ersten Tagen vor Schmerzen in die Knie. Jetzt scheint Ruhe einzukehren und der richtige Heilungsprozess kann erfolgen.

Ein anderer Rohi hat sich meines Wissens nach auf Montramé mal ein Bein gebrochen und ist ebenfalls mit einer Platte versorgt worden. Man muss sich nicht gebärden wie im Mittelalter, wenn es Möglichkeiten zur besseren Versorgung gibt. Letztlich muss das auch jeder für sich selbst entscheiden. Ein lieber Rohköstler hat zudem viele Jahre als Unfallchirurg gearbeitet und seine Aussage war immer, dass es die einzige Disziplin sei, die auch für Rohköstler Vorteile bringe. Mir ist hier jedenfalls immer wieder gesagt worden, dass ich zu jung sei, um dauerhafte Einschränkungen hinzunehmen, weil eben die Stabilität nicht gewährleistet sei.

Vor zwei Tagen ist mir hier eine junge Frau begegnet, die sich anderthalb Jahre nach ihrem Beinbruch die Platte entfernen ließ. Das ist auch mein Ziel. Aber vielleicht habe ich dann die Carbonplatte auch so in mein Herz geschlossen, dass ich sie gar nicht mehr hergeben möchte, hihi.

Dann folgte die erste Physiotherapie. Und nun bin ich glücklich. Der Physiotherapeut hat mir gesagt, ich könne jetzt schon den Arm auf 60 Grad heben. Das sei vielen anderen lange nicht möglich. Ich werde seiner Ansicht nach keine nennenswerten Einschränkungen zurückbehalten. Der Mann ist auch für die Seele Gold wert.

Der Plan ist, dass ich für drei Wochen durch passive Führung bis 60 Grad übe, dann drei Wochen bis 90 Grad. Den Gilchrist Verband muss ich die nächsten zwei Wochen ganztägig und nachts tragen, dann zwei Wochen nur noch nachts.

Nach sechs bis acht Wochen kann ich dann aktiv die Kraft trainieren, weil dann der Knochen zusammen gewachsen ist.

Mittags gab es eine größere himmlische Cherimoya. In diesem Jahr finde ich sie wunderbar. Für je ein Kilogramm Sapote Chico und Mamey habe ich hingegen Wochen gebraucht und fand sie nicht annähernd so lecker. Anschließend gab es von einem kleinen Päckchen Wabenhonig Eiche etwa die Hälfte.

An meinem letzten Geburtstag habe ich mir das Motto gegeben: "Ich bin jetzt süße 52 und das Leben ist schön." Und genau das empfinde ich gerade wieder: die pure Lebensfreude. Ach ist das schön.

Nachmittags gab es etwa zehn Tamarinden, ca 200 g Chinakohl und zwei kleine Fenchel.

Etwas später folgten vier Mandarinen, eine Blutorange und 1,5 Süßorangen.

Morgen wird die Drainage gezogen und dann geht es nach Hause.

Mein Blog endet an dieser Stelle. Ich wollte zeigen, dass Rohkost immer und überall möglich ist.

Ich habe diese für mich sehr schwierige Zeit so gut wie möglich überstanden. Manchmal war mir mein emotionales Wohlbefinden wichtiger als eine optimale Kombination. Ich werde mich jetzt meiner Heilung widmen und in Ruhe genesen.