Dienstag, 1.12.2015

Die gute Nachricht zuerst: Ich habe wie ein Bär fast zehn Stunden geschlafen. Die weniger gute: Die Schmerzen in der Brust sind wieder da. Also doch nur Obst und Gemüse?

Ich glaube, mein Urlaub in Thailand kommt wie gerufen. Ich bin so voller Lust auf das Tropenobst. Mit ein bisschen Glück erwische ich noch die letzten großen Cherimoyas, bevor dann die traumhafte Zeit der Sapotillen beginnt. Sonnenwarm und super reif ganz frisch vom Markt. Für 1€/kg. Diesmal habe ich schon viel mehr Erfahrung mit dem, was dort für mich geht und wovon ich besser die Finger lasse.

Aber ich bin gar nicht nur auf Obst aus, sondern werde gerade nach meinen guten Erfahrungen der letzten Zeit auch regelmäßig Gemüse mit einbeziehen. Wobei ich bei meinen komischen Kombinationen mit Obst jedoch auch immer wieder den Verdacht habe, dass gutes Tropenobst für uns einfach besser verwertbar ist. Den ständigen Drang nach mehr sehe ich nicht unbedingt in schlechter Qualität, sondern vor allem in der Überzüchtung.

Rein intuitiv würde ich mich derzeit sehr gerne regional von Äpfeln, Gemüse und Fleisch ernähren. Aber mein Körper sagt mir gerade ganz was anderes, führt mich auch bei den Nüssen eher in südliche Gefilde. Also freue ich mich auf die tropische Regionalität, die in 2,5 Wochen beginnt.

Am Wochenende hatte ich ein Gespräch mit einem Rohköstler, bei dem er u.a. unsere unnatürliche instinktive Ernährung ansprach. Man könne sich überall auf der Erde von Rohkost ernähren, aber überall gebe es die Produkte saisonal, seien also Zeiten fehlender Verfügbarkeit eingeschlossen. Hier wiederum könne sich der zahlende Kunde jederzeit Früchte aus aller Welt bestellen, ohne jede körperliche Aktivität konzentrierteste Kohlenhydrate ordern - das entspricht nirgendwo natürlichen Bedingungen.

Das Gespräch bestätigte mich in meiner Erfahrung, dass auch süßes Obst und Fleisch nicht zusammen passen, weil es außer im Herbst hier nicht zusammen verfügbar ist. Muss man wirklich an ein und demselben Tag beides haben? Ist es natürlich, sich mittags sonnige Früchte einzuwerfen und abends regionales Fleisch?

Und wo wir bei dem Thema Natürlichkeit sind: Entspricht es der Praxistauglichkeit, dass wir zu Uhrzeiten essen, wo kein Tageslicht mehr verfügbar ist? Gehören wir dann nicht einfach mal ins Bett, um auszuruhen, wie es uns die Tiere vorleben? Aber was machen wir: belohnen uns für die Mühsal unseres ohnehin oftmals uninstinktiven Alltags mit einem Essen.

Wenn ich jetzt meine Tagebuchberichte der letzten Monate lese, gruselt es mich beinahe bei den abendlichen Mengen, gerade beim Fleisch. Ich hatte immer Harrys Anmerkung im Hinterkopf, dass er mit Mengen von unter 400 g satt und zufrieden sei. Und meine Erfahrung war, dass der Proteingehalt passend zu meinem Körpergewicht liegen sollte, also bei etwa 50 g. Das entspricht ca. 250 g reinem Fleisch, mit Fett also etwas mehr.

Es hat genügend Hinweise im Außen gegeben, mit dem Fleisch aufzuhören. Ich denke da an die Wespen, die mich mehrfach im Sommer gestört und gestochen haben (danke an den einen Rohi, der mich schon damals dafür sensibilisieren wollte). Und vor allem denke ich an mein teilweise fast krampfhaftes Bemühen um ungestörte Mahlzeiten. Im Nachhinein fühlt es sich fast wie eine Sucht an, die, wie Matthias sie beschrieb, durch das Fett hervorgerufenen Glücksgefühle entsteht.

Ich habe mich im Sommer so sehr auf fettes Wild und Lamm im Winter am Kamin gefreut und jetzt wurde der Spieß umgedreht: Fast den ganzen Sommer aß ich wie im Winter, habe mich so manchen Abend nach Fleisch im See abgekühlt, und dafür hole ich mir nun über Obst und pflanzliche Proteine ein Stück Sommer. Hihi.

Ich glaube, die instinktive Rohkost verführt uns so manches Mal zu ungezügeltem Essverhalten, immer unter der Maßgabe eines körperlichen Bedarfes. Wie oft aber will sich eigentlich nur die Seele streicheln lassen? Und bei "normalen" Arbeitszeiten ist das eben oft spät. Für mich oft zu spät. Die daraus entstehenden Probleme ordne ich überwiegend dem zu. Andere würden eher die Qualität des Fleisches verdächtigen. So hat jeder seinen Blickwinkel. Schatalova empfiehlt, nur bis 16 Uhr zu essen. So ganz von der Hand weisen kann ich das nicht, auch, wenn ich es nicht täglich umsetzen kann oder will.

Das Mittagessen fiel heute aus. Einerseits sind aktuell Handwerker auf dem Flur, die auch während meiner Mittagspause kräftig hämmerten. Andererseits hatte ich aber auch nicht wirklich Hunger und ich halte es für durchaus sinnvoll, bei Beschwerden durch die instinktiv eingeforderte Nahrungskarenz die Regeneration zu unterstützen.

Daher habe ich die Mittagspause für einen sonnigen Spaziergang genutzt. Mir war zum Glück nicht mehr ganz so kalt wie gestern aufgrund des fehlenden Schlafes. Aber optimal verdaut hatte sich der Sesam auch nicht. So richtig begeistert war ich vom Kopf her mit deren Wahl ohnehin nicht, weil Sesam bei mir als säurebildend abgespeichert ist. Da wäre mir ein Basenbildner viel lieber gewesen. Zudem favorisiere ich dieses ganze Vogelfutter grundsätzlich nicht besonders und ob ich in der Natur 200 g Sesam aus Kapseln gegessen hätte, noch dazu getrocknet, sei mal dahin gestellt. Die Wahl lag aber eindeutig vor Pistazien, Erdnüssen und Bananen und es ist ein sehr nahrhaftes Gewächs, was ich nicht ausschließen möchte. Irgendwas hat sich die Natur dabei gedacht und mit Sicherheit nicht, um sein Dasein auf Brot und Brötchen zu fristen.

Eigentlich hatte ich ja auf meine heutiges Orkospaket gehofft, aber das kommt nun erst morgen an. Somit hatte ich auch keine besondere Eile im Büro, wenngleich ich nachmittags gerne was gegessen hätte. Der vorhandene Kohl oder Kiwis waren jedoch wenig attraktiv, der Lärm der Handwerker kein gutes Signal für eine Mahlzeit und nicht zuletzt hatte ich auch eine sehr angenehme menschliche Begegnung, bei der die Arbeit Spaß gemacht hat.

Auf dem Rückweg bin ich ordentlich in die Pedalen getreten, der Hunger und das kalte Wetter trieben mich nach Hause.

Hier gab es ab um fünf im Schein des Weihnachtsbaumes und ein paar anderen Beleuchtungselementen ein wunderbares, lange nicht gegessenes Produkt: gekeimte Kokosnuss. Was für eine geschmackliche Wucht! Erst recht nach mehr als 26 h Pause vom letzten Essen. Nach knapp der Hälfte des Fruchtfleisches tropfte die Nase und ich ging zum Zuckerwatteball über. Ich war völlig fasziniert vor himmlischer Extase. Zusammen waren es 261 g.

Was ich übrigens in letzter Zeit öfter bei mir beobachtet habe: Ich verharre während der himmlischen Phase in ein und derselben körperlichen Haltung, da kann sie noch so abstrus sein. Wenn ich mich bewegen möchte, ist das ein Signal für das Ende.

Zeitgleich hatte ich noch eine reife Kokosnuss aus dem Bioladen aufgeschlagen, weil die Augen größer waren als der Mund. Aber das war eher eine kulinarische Beleidigung, angegammelt und sauer. So richtig traue ich denen ohnehin nicht.

Nach diesem Genuss kam ich mal wieder zu dem Ergebnis, dass ich den tropischen Produkten einfach mehr abgewinnen kann. Gerade, wenn ich an das gestrige Hörbuch von Herrn Schache denke, der anregt, der Sprache der Seele mindestens ebenso viel Gewicht zu geben wie der des Körpers, spüre ich, dass ich ein Kind des Sommers und des Südens bin. Das Klima hier kann ich noch tolerieren, aber die Nahrung ist für mich gerade hier nicht ausschließlich zu finden.

Mein Gesprächspartner vom Wochenende sagte, er kenne keinen Rohköstler, dem das Klima in Thailand gefalle. Wie schade. Es sei dort allen zu heiß und zu feucht. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ich mit meinem dort fast grenzenlosen Wohlbefinden allein auf weiter Flur bin. Ich habe ja selbst nachts draußen geschlafen, was soll ich in diesen klimatisierten Räumen? Ich glaube, da spielen immer Überlastungen eine Rolle, so wie es mir im Sommer mit zuviel Maulbeeren und Blütenfeigen ergangen ist.

Mit Gemüse fällt die Überlastung deutlich schwerer. Es gab bei mir im Anschluss zwei wieder mal zuckersüß schmeckende Kohlrabi mit 388 g, Topinambur mit 102 g und das Innenleben von drei Petersilienwurzeln mit 158 g. Ich hoffe nun, dass sich das Produkt der Tropen mit denen des brandenburgischen Ackerbaus verträgt.

Auf jeden Fall sind die Schmerzen wieder fast weg und mir ist endlich schön warm. Ich scheine derzeit wirklich Proteine meiden zu sollen. Kokosnüsse enthalten ja mehr Fett, vielleicht funktioniert das. Daran habe ich nämlich in Thailand keinerlei Mangel. Es gibt Pagoden so selbstverständlich an jeder Ecke wie bei uns Fastfood und ich beneide die Menschen dort um die natürliche Verfügbarkeit nicht nur von diesem Produkt...