Samstag, 1.8.2015

Im Gegensatz zu gestern musste ich in dieser Nacht drei mal pipi. Aber ansonsten habe ich tief und fest fast 9h lang geschlafen. Normalerweise schlafe ich hier immer draußen, aber bei angekündigten 8 Grad für die Nacht habe ich es mir diesmal im Haus bequem gemacht.

Den ganzen schönen Morgen verbrachte ich lesend im Bett. Ian McEwan's Buch "Solar" hatte mich in seinen Bann gezogen. Und draußen war es ohnehin frisch. Also habe ich meine Faulheit genossen.

Um kurz vor zehn lockte mich die Sonne nach draußen.

Ich frage mich immer wieder, wie das andere Rohis verdauen, wenn sie nachmittags nicht unerhebliche Menge an Trockenfrüchten essen und abends dann auch noch Fleisch. Mir war heute schon die gestrige Kombination von Bananen und Fleisch anzusehen. Das passt für mich einfach nicht gut.

Nach einem kurzen erfrischenden Bad bin ich zur Dorfrunde aufgebrochen. Heute habe ich eine weitere, recht große Schafherde gesehen. Sie weidete direkt neben einem bewirtschafteten Feld. Dann muss man sich nicht wundern, wenn man vielleicht im Bioladen solches Fleisch erwischt und es dann Probleme gibt. Da hilft wohl nur, direkt beim vertrauenserwürdigen Erzeuger zu kaufen.

Mein Mittagessen konnte leider nicht am Strand unter den Mirabellenbäumen stattfinden. Ich hörte schon von weitem einen ohrenbetäubenden Lärm. Klang nach Rasentrimmer. Also habe ich es mir auf der Terrasse mit den gestrigen Mirabellen gemütlich gemacht. Inzwischen gab die Sonne wieder alles.

Ab viertel zwölf gab es 1054 g rote Mirabellen. Sehr, sehr lecker. Aber nicht sättigend. Sperre war auch nur mäßig, ab und zu tropfte die Nase.
Daher ging es mit den gelben Renekloden-ähnlichen Früchten weiter. Nach 1112 g war es auch hier genug. Hätte bei beiden Sorten die Menge sehr viel kleiner geschätzt.
Der Knaller waren dann die Kornelkirschen. So lecker süß. Und eine echte Husten-Sperre nach genau 300 g. Super, über diese Entdeckung freue ich mich sehr.

Aber insgesamt war die Menge zu groß, mein Bauch war übervoll. Das sehe ich immer wieder als Nachteil bei den Landesfrüchten. Sie sättigen schlecht. Da hilft nur Disziplin und darin bin ich nicht die Beste.

Ich habe mir aber vorgenommen, zukünftig vor einer zweiten Sorte die Menge der ersten zu ermitteln. Liegt sie bereits bei 1000 g +/- 200 g, ist Schluss. Der Bauch hätte gestern nämlich auch noch weitere Bananen gewollt, aber als ich die bereits verzehrte Menge sah, war mir klar, dass ich besser aufhöre.

Andererseits waren die Mirabellen auch nur das zweitbeste Produkt. Ich hatte noch einen Rest Wabenhonig von Orkos im Kühlschrank entdeckt und der duftete am besten. Aber ich wollte bei der Wärme lieber die Mirabellen kosten...

Anschließend bin ich erneut um das Dorf spaziert. Diesmal habe ich einen Strauch mit großen Haselnüssen entdeckt. Da fahre ich seit Jahren hierher und nun endlich entdecke diese Schätze. So ganz dringend sind die Nüsse aber nicht, weil ich noch welche vom Vorjahr habe. So groß war der Bedarf also nicht.

Den restlichen Nachmittag verbrachte ich erneut lesend in der Sonne. Mein Mann berichtete mir zudem von lautstarker Nachbarschaft, aber er halte dagegen. Das glaubte ich ihm auf's Wort und beglückwünschte mich zu meiner Flucht hierher. Buddelflink ist zwar eine ähnlich arbeitsintensive Plage, aber an unsere Nachbarn mit ihren kreischenden Enkeln kommt er nicht ran.

Das Abendessen fand ab viertel sieben statt. Es gab innerhalb der nächsten 90 Minuten erneut 2 Nieren (104 g) und 838 g fette Lammrippen. Auch heute war das Knochengebälk aus dem Brustbein sowie noch blutige Knochenenden besonders himmlisch. Letztere sind deutlich zarter als bei der Moorschnucke, vielleicht aufgrund des jüngeren Schlachtalters.
Zudem scheint wohl ein gewisser Bedarf an Mineralien vorhanden zu sein. Meine Hüften meckern gerade mal wieder und da sind ordentliche Portionen mit reichlich Nährstoffen sicher hilfreich.
Und das Fett war so genial.
Nun habe ich innerhalb von zwei Abenden fast den ganzen Rippenbogen samt Bauchlappen aufgegessen. Morgen könnte mir zwar mein Mann Nachschub mitbringen, aber ich wechsel lieber mal die Fleischsorte oder lege einen fleischfreien Abend ein. In der Natur ist auch nicht ständig alles verfügbar.

Während des Essens habe ich an das derzeitige Rohkosttreffen gedacht. Warum muss das immer so weit weg sein? Also von mir aus gesehen jedenfalls.
Wir haben ja auch darüber gesprochen. Es gab mehrere Möglichkeiten: Entweder ich fahre für eine Woche alleine mit Zelt und Rucksack oder wir fahren zwei Wochen zusammen mit einem Caravan, machen hier und da noch einen Abstecher hin und kommen in drei Wochen zurück.
Ersteres war mir zu anstrengend, weil wir im Sommer auch an der Ostsee sein wollten. Dann wäre ich ständig auf Achse gewesen.
Letzteres war für meinen Mann nicht wirklich beglückend; an einem Binnensee zu campieren (als Fischkopf!), den ganzen Urlaub das Hauptthema "Essen" zu hören, überall Durian und rohes Fleisch vor Augen und in der Nase, ich ständig auf Abwegen, in Gespräche verwickelt und nur wenig Zeit für uns. So lauteten seine vordergründigen Gegenargumente. Ich habe zwar einiges versucht zu entkräften und auf andere gemischt essende Paare verwiesen, aber so wirklich begeistert war er nicht. Und überreden wollte ich ihn nicht.
Ich finde, im Jahresurlaub muss sich jeder total wohl fühlen. Für mich wäre es auch nur wenig erquickend gewesen, wenn ich ständig das Gefühl hätte, ihm irgendwas schön reden zu müssen. Daher fiel die Entscheidung zugunsten unserer bewährten Urlaubsgestaltung an der Ostsee.

Auch heute Abend waren noch lange die Mähdrescher zu hören. Von meiner Schwester weiß ich, dass Agrarwissenschaftler derzeit eine Arbeitslosenquote unter fünf Prozent haben. Oft sei es schwer, Doktoranden zu finden, weil die Studenten während ihrer Masterarbeit bereits von den Unternehmen weggefangen werden. Inzwischen brauche jeder Agrarbetrieb eine entsprechende Fachkraft. Tja, das Brot ist den Deutschen lieb und teuer.
Agrarwissenschaften war übrigens für mich über Jahre das meist gehasste Wort. Mein Vater hatte es sich nämlich in den Kopf gesetzt, mich in dieses Studium und zu meinem Glück zwingen zu müssen. Ich wollte Medizin studieren, was für ihn inakzeptabel war. Geeinigt haben wir uns dann auf Biologie.